Ein Jahr
Wie es weiter ging
Es ist still geworden hier auf dem Blog. Die letzten Monate haben mein Leben durcheinander gewirbelt. Ich erlebte Glücksgefühle, lernte neue Belastungsgrenzen kennen und staunte darüber, mit wie wenig Schlaf ein Mensch eigentlich auskommen kann (sehr, sehr wenig reicht völlig aus). Grund hierfür ist unser kleiner Junge L, der Ende Oktober des letzten Jahres durch Gottes Gnade das Licht dieser Welt erblickte.
Lange überlegte ich, wie es mit diesem Blog weiter gehen soll. Ich weiß es
momentan noch nicht. Diese Zeilen sind nur ein paar Gedanken zu den letzten Monaten:
Ich bin Gott von ganzem Herzen dankbar für die Geburt meines Sohnes. Sie verlief anders als gedacht, jedoch von Gott viel schöner für mich vorbereitet als vorgestellt. Glaubensgeschwister, D und ich hatten lange dafür gebetet; dennoch waren wir aufgeregt und gespannt, was da wohl auf uns zukommt.
Die Entbindung lässt sich nur schwer beschreiben: atemberaubend, ängstigend, wunderschön, aber vor allem: In Gottes Hand. Der erste Blick zwischen L und mir, so besonders, so überwältigend! Ich bin Gott unfassbar dankbar, dieses Wunder erlebt haben zu dürfen und für dieses Abenteuer, Mama zu sein!
Am Jahrestag der Fehlgeburt hielt ich ein Baby im Arm, mein zweites Baby. Die ersten Monate nach der Geburt von L habe ich wenig an meine erste Schwangerschaft und deren Ende gedacht. Dieser kleine Junge stülpte unser Leben um und wir versuchten uns in die Elternschaft einzufinden. Oft dachte ich in der ersten Zeit, was für eine merkwürdige und gleichzeitig gewaltige Idee Gottes so ein Baby doch ist. Ein winziger Mensch, der so herrlich riecht und an dem alles so fein vom Schöpfer gestaltet wurde – mit niedlichen Füßchen und zarten Gesichtszügen. Lange hatten wir für ein Baby gebetet und dann lag es vor uns – unbeschreiblich.
Aber nach den ersten aufregenden Wochen kehrte Ernüchterung ein – und manchmal richtige Niedergeschlagenheit über dieses neue Leben: Schlafmangel, die Verantwortung für einen Säugling, eine Ehe, die auf einmal eine andere ist und vor allem ein kleiner Junge, der oft weinte, und ich oft nicht wusstewarum – all das erschöpfte mich und ließ mich zweifeln, ob Gott sich das denn gut überlegt hatte, genau dieses Kind D und mir anzuvertrauen. So viele Dinge liefen anders als vorgestellt. L ist ein sehr aufgeweckter Junge und wollte schon ziemlich schnell möglichst viel von dieser Welt mitbekommen.
Neues Jahr – neuer Alltag
Und wie vermisste ich die regelmäßige Stille Zeit! Gott hat uns mit L ein kleines Söhnchen geschenkt, der sehr lebendig und neugierig ist. Schon nach wenigen Monaten war L der Meinung, dass Schlaf am Tag nur noch sehr wenig und auch nachts nicht mehr als unbedingt notwendig sein müsse. Zeit alleine mit Gott zu verbringen wurde herausfordernd. Im Laufe des Jahres und auch in dieser besonderen Zeit der Pandemie kam ich so häufig an meine Gedulds- und Leistungsgrenze, dass ich bisweilen wütend auf Gott wurde. In diesem neuen Leben fühlte er sich so weit entfernt von mir an und die Gelegenheiten, in der Bibel zu lesen und zu beten, gestalteten sich sehr schwer.
Zum Jahreswechsel wurden wie bereits in den Jahren zuvor kleine Kärtchen mit Bibelversen in meiner Gemeinde verteilt. Folgenden Vers erhielt ich:
Psalm 119, 41
Herr, lass mir deine Gnade widerfahren, deine Hilfe nach deinem Wort!
Ich war ein wenig unzufrieden, irgendwie hatte ich mir ein anderes Bibelwort erhofft, wusste aber nicht genau, warum. Vielleicht war ich der Meinung, doch schon genug über die Gnade Gottes zu wissen und wie groß sie in meinem Leben ist. Aber Gott kennt mich besser als ich mich selbst. In den nächsten Monaten lernte ich mich selber wieder ein Stückchen besser kennen und erkannte, wie wenig ich doch über Gottes Gnade wusste.
Ich begann wieder in der Bibel zu lesen, zu beten – Stille Zeit zu haben! Doch es war so anders als früher. Still war es nicht mehr: L weinte, wollte gestillt werden oder Aufmerksamkeit, die Windel gewechselt haben und dann gibt es ja auch noch unsere beiden Hunde, die ebenfalls beachtet werden wollten. Oft verzweifelte ich, weil vieles nicht mehr so lief wie vor der Geburt. Aber immer wieder führte mich Gott zu meinem persönlichen Jahresvers zurück:
Psalm 119, 41
Herr, lass mir deine Gnade widerfahren, deine Hilfe nach deinem Wort!
Ich verfalle häufig in eine Art Werkegerechtigkeit. So gerne würde ich auch nur ein ganz klein wenig für meine Errettung tun. Gott zeigte mir einmal mehr, dass ich nichts tun kann, um meine Errettung zu verdienen. Ich bin ein hilfloser Mensch, in Sünde gefangen und mein eigenes Baby bringt Eigenschaften in mir zum Vorschein, die mir zeigen, wie sündig ich bin: ungeduldig, egoistisch, selbstbezogen. Ohne Jesus und seine Gnade bin ich verloren! Mehrfach erlebte ich Momente, in denen ich um Gottes Kraft flehte. In denen ich einfach so müde war und mein Baby nicht schlafen wollte. Situationen, in denen ich um seine Weisheit bat, weil ich nicht wusste wie ich mit meinem Baby umgehen sollte. Mir gelang es nicht mehr, regelmäßig in der Bibel zu lesen und den Tag mit einem Gebet abzuschließen. Aber ich erfuhr Gottes Gnade gerade in dieser mühsamen Zeit.
Mein Retter
Ich darf von ganzem Herzen danach streben, die Bibel zu studieren und zu beten. Aber das Bemühen darum, macht mich nicht besser vor Gott. Denn das hat Jesus getan! Er trug die Strafe, die ich verdient hätte. Er führte das Leben, das ich hätte führen sollen! Er hat am Kreuz von Golgatha für meine Sünden bezahlt. Für mich! Damit ich vor Gott treten kann und auf Jesus zeigen: Nicht ich – er!
Unserem Schöpfer entgleitet nichts. Das konnte ich schon nach der Fehlgeburt erfahren. Und musste die letzten Monate wieder daran erinnert werden. Vor allem durfte ich Gottes Gnade an mir und in meinem Leben wieder neu erfahren. Gott gebraucht dafür sogar mein eigenes Baby.
Seit einigen Tagen ist L ein Jahr alt! Und das ist merkwürdig und schön zugleich. Und seit einigen Wochen habe ich immer mal wieder an mein Baby im Himmel gedacht. Ich habe zwei Kinder, eines darf ich täglich im Arm halten. Ich bin dankbar für mein erstes Baby, welches mir ein Segen ist! Ich bin dankbar für L, mit dem ich gemeinsam bete und ihm von Jesus erzähle! Mit L lerne ich, wie stille Zeit mit einem Krabbelkind funktioniert und wie schön Gottes Gnade im Mama-Alltag ist: Gott weiß um meine Situation – er weiß!
Gottes Gnade gilt an jedem neuen Tag. Sein Plan war schon immer der Beste, auch wenn das oft erst in der Rückschau erkennbar ist. Ich liebe folgenden Vers:
Psalm 143,5
Ich gedenke an die längst vergangenen Tage, rufe mir alle deine Taten in Erinnerung und sinne nach über die Werke deiner Hände!
Sei gesegnet
Debora