Dankbar – für eine Fehlgeburt?

1. September 2018 5 Von Debora

Wochen des Ausharrens

Sieben Monate liegen zwischen dem Ende meiner ersten Schwangerschaft und dem Beginn der Woche, in der D und ich hätten Eltern werden können.

Bereits beim feststellen der Schwangerschaft wurde uns die letzte Juni Woche dieses Jahres als möglicher Entbindungstermin genannt. Als D und ich dies erfuhren, machten wir aufregende Pläne voller Vorfreude. Wir überlegten, wie wir unseren Arbeitgebern mitteilen könnten, Eltern zu werden. Wir machten uns Gedanken über die Kosten die auf uns zukämen und wie sich wohl unser nächstes Jahr gestalten würde. Als uns bewusst wurde, dass zu Weihnachten die ersten kritischen zwölf Wochen überstanden waren, freuten wir uns unbändig darauf, unser Weihnachtswunder mit unseren Familien und Freunden zu teilen.

Als meine Schwangerschaft endete ahnte ich nicht, wie schwer die Woche werden würde, die da Ende Juni auf mich zukam.

Über meine Menstruation durfte ich mich erst lange sechs Monate nach der Ausschabung freuen. In diesen sechs Monaten mit körperlichen Schmerzen, hormonellen Schwankungen, viel Gebet und dem lesen in Gottes Wort lernte ich die Bedeutung des Wörtchens Ausharren ein wenig näher kennen.

Immer häufiger und offener sprach ich über unsere Fehlgeburt, doch noch viel öfter saß ich weinend zuhause und hatte das Gefühl, nie mehr glücklich sein zu können. Ich wusste, dass Jesus da war, aber ich fühlte mich nicht so. Manchmal war ich wütend, häufig verzweifelt. Ich wollte die Fehlgeburt nicht annehmen, obwohl ich nicht mehr tun konnte, als damit klar zu kommen. Manchmal bemitleidete ich mich selbst, glaubte ich hätte eine Fehlgeburt „nicht verdient“. Ich verließ mich auf die tröstend gemeinten Ratschläge lieber Menschen, statt einzig und allein auf Gott zu vertrauen. Ich fühlte mich untröstlich – und manchmal wollte ich das auch sein.

Bei jeder schwangeren Frau der ich begegnete, konnte ich nicht anders als auszurechnen, wie weit meine Schwangerschaft nun gewesen wäre; was D und ich nun täten, wäre ich noch schwanger. Wir würden jetzt ein Kinderzimmer einrichten; wir würden wissen ob es ein Junge oder Mädchen wird; wir würden unsere Hündin darauf vorbereiten, dass bald ein Baby bei uns einziehen wird.

Diese Schwangerschaft, die es nicht mehr gab, lag so schwer auf meinem Herzen. Ich verlor mich in den Gedanken, „was wäre wenn?“.

Trost in der Bibel

Ich lese regelmäßig in der Bibel und bete. Auch wenn ich manchmal vor weinen nicht sprechen konnte und die Worte der Bibel nur verschwommen sah, weil Tränen meine Augen überschwemmten, hielt ich daran fest die Bibel zu studieren, zu beten und mir selbst das Evangelium zu predigen: Gottes Wahrheit, das ich ein Sünder bin der den Tod verdient hat. Nur durch Jesu Tod am Kreuz, sein Auferstehen und den Glauben daran, bin ich gerettet.

Es kam die Zeit, die uns als möglicher Entbindungstermin genannt worden war. Sie kam schneller als gedacht und überrumpelte mich, obwohl ich ständig an sie dachte.

Im Laufe dieser Woche weinte ich viel. Ich konnte nicht aufhören daran zu denken, was gewesen wäre, hätten wir unser erstes Kind nicht verloren. Von jeder mir begegnenden glücklichen Mutter mit einem Säugling, musste ich mich abwenden. Ich hielt es nicht aus, selbst keine werdende Mutter mehr zu sein.

Die Belastung dieser Woche wurde immer schwerer und drückte mich nieder. Psalm 6,7 fasst das gut zusammen: Ich bin müde vom Seufzen; ich schwemme mein Bett die ganze Nacht, benetze mein Lager mit meinen Tränen. 

Am Ende der Woche, in der ich hätte Mutter sein können, tat ich Buße. Über all die bösen Gedanken in mir über meine Situation, über mein Selbstmitleid, über meinen Umgang mit anderen Müttern und über meinen Zorn, keine werdende Mutter mehr zu sein. Gott selbst führte mich dank seiner Güte zur Buße.

Römer 2,4
Oder verachtest du den Reichtum seiner Güte, Geduld und Langmut, und erkennst nicht, dass dich Gottes Güte zur Buße leitet?

Ich bat Gott um Vergebung. Und sein Wort wurde mir zum Trost:

Klagelieder 3, 37
Wer hat je etwas gesagt und es ist geschehen, ohne dass der Herr es befahl?

Gott hat meine Fehlgeburt befohlen. Er weiß warum. Das genügt. Wenn Gott will, dass ich eines Tages den Grund verstehe, werde ich es verstehen. Selbstverständlich wäre ich gerne Ende Juni Mutter geworden! Aber Gott hatte einen anderen Plan. Ich möchte mich diesem Plan fügen, weil ich mich Gottes Entscheidungen fügen möchte.

Mit Dankbarkeit beten

Der 1. Juli diesen Jahres war der erste Tag, an dem ich rein rechnerisch nicht mehr schwanger gewesen wäre. Wie es hätte sein können, ab jetzt Mutter zu sein, liegt außerhalb meiner Vorstellungskraft. Eine Schwangerschaft konnte ich mir noch vorstellen, die Rolle einer Mutter nicht. Dieser schwere Stein, der 7 Monate auf meiner Seele lag, war weg. Und tiefe Dankbarkeit erfüllte mich.

1. Thessalonicher 5, 18
Seid in allem dankbar, denn das ist der Wille Gottes in Christus Jesus für euch.

Ich möchte für alles dankbar sein, was Gott mir schenkt – oder nimmt. Ich möchte mit Dankbarkeit beten, weil Gott es so will. Und ich kann mich entscheiden, dankbar zu sein. Auch für eine Fehlgeburt. Gott selbst gibt mir die Kraft dazu.

So dankte ich Gott für seinen Sohn Jesus Christus, der für mich am Kreuz für meine Sünden gestorben ist. Er starb für mein Selbstmitleid, meine Selbstgerechtigkeit, meine schlechten Gedanken gegenüber anderen Müttern. Ich dankte für die Fehlgeburt die ich erlebt hatte, auch wenn ich nicht verstand warum.

Natürlich denke ich heute noch manchmal daran, was gewesen wäre wenn. Aber diese Gedanken sind kleiner geworden – und die Dankbarkeit größer. Ich muss Gottes Plan nicht verstehen, ich muss Gott vertrauen und glauben. 

Nicht die Fehlgeburt und die daraus resultierende Trauer, der Schmerz, die Wut sind mein größtes Problem.

Mein größtes Problem ist die Sünde – die mich von Gott trennt. Gott jedoch ist gnädig. Er hat seinen eigenen Sohn gesandt. Für Sünder wie mich, um zu sterben – und aufzuerstehen. Damit ich zum Vater kommen darf, jederzeit. Um zu weinen, um zu trauern, um Trost zu erfahren nd um dankbar zu sein für alles, was Gott gegeben hat.

Sei gesegnet, Debora